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Palliativmedizin

Palliativmedizin – Möglichkeiten und Grenzen

Wenn alles vergeblich erscheint, der Kampf verloren gegeben wird und die Existenz bei einer chronischen Krebserkrankung als eine endlose Kette von Qualen erlebt wird, dann ist die Palliativmedizin gefragt. Palliativmedizin, das ist die Kunst bei krisenhafter Zuspitzung der Erkrankung oder am Ende eines Leidensweges das Leben wieder angemessen erlebbar und lebenswert zu machen.

Viele Ärzte ziehen sich von der Behandlung schwerstkranker und sterbender Patienten zurück, weil sie der Auffassung sind, dass nun die ärztliche Kunst versagt hat, der Patient „austherapiert“ ist. Dabei benötigen die Patienten gerade in dieser Zeit nichts dringender als ärztlichen Beistand, Betreuung und Hilfe. Mit der furiosen Entwicklung der modernen Medizin und ihren faszinierenden Heilungsmöglichkeiten geriet das ärztliche Aufgabengebiet der Betreuung schwerstkranker und sterbender Patienten aus dem Blick. Erst eine ehrenamtliche Bürgerbewegung, die Hospizbewegung, hat eine Rückbesinnung auf diese Seite des Arztseins ermöglicht und das junge Fachgebiet Palliativmedizin, welches eigentlich ein uraltes ist, hat sich etabliert.

Nach der Definition der Europäischen Gesellschaft für Palliativmedizin (EAPC) „ist Palliativmedizin die angemessene medizinische Versorgung von Patienten mit fortgeschrittenen und weiter fortschreitenden Erkrankungen, bei denen die Behandlung auf die Lebensqualität zentriert ist und die eine begrenzte Lebenserwartung haben“.

Es geht also bei der palliativmedizinischen Behandlung um medizinische Versorgung, um Angemessenheit und um Lebensqualität.


Medizinische Versorgung

Nicht selten besteht bei Ärzten und Pflegepersonal aber auch in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber, was Palliativmedizin will und was Hospizarbeit ist und nicht selten wird das eine mit dem anderen verwechselt oder beides für das Gleiche gehalten.

Aufgabe der palliativ-medizinischen Komplexbehandlung ist es, mit medizinischen, pflegerischen, psychoonkologischen, sozialfürsorgerischen und anderen therapeutischen Maßnahmen (Physiotherapie, Ergotherapie, Musiktherapie, Kunsttherapie...) belastende Symptome zu verbessern oder gar zu beseitigen mit dem Ziel, die Lebensqualität des betroffenen Patienten trotz schwerer Erkrankung mit infauster Prognose und kurzer Lebenserwartung zu verbessern. Dabei gibt es keine Standards oder Leitlinien. Es handelt sich überwiegend um Einzelfallentscheidungen, was den Umfang diagnostischer und interventionell-therapeutischer Maßnahmen anbelangt.

Palliativstationen sind im Gegensatz zu stationären Hospizen ärztlich geleitete Einheiten in Akutkrankenhäusern, auf denen Patienten versorgt werden, die unter einer hohen Symptomlast leiden, wobei die Symptome sowohl körperlicher aber auch psychischer oder sozialer Natur seien können. Es wird Arztpräsenz über 24 Stunden garantiert und nach Verbesserung der Situation bzw. Stabilisierung des Patienten wird dieser entweder in sein häusliches Umfeld entlassen, in ein Pflegeheim oder in ein stationäres Hospiz zur Weiterbetreuung verlegt oder, wenn diese Wege nicht zu beschreiten sind, verstirbt der Patient auf der Palliativeinheit. Es werden durchschnittlich auf deutschen Palliativstationen zwei Drittel der Patienten von der Palliativstation wieder entlassen oder verlegt und ein Drittel verstirbt auf Palliativstationen.

Die Aufgabe stationärer Hospize, die generell pflegerisch geleitet werden, ist die Betreuung von Patienten bis zum Tod durch qualifiziertes Pflegepersonal. In stationären Hospizen ist es nicht erforderlich, eine Arztpräsenz über 24 Stunden zu garantieren. Die ärztliche Betreuung der Patienten erfolgt in der Regel durch ortsansässige Hausärzte.

Erstrebenswert ist es, Patienten erst dann in ein stationäres Hospiz zu verlegen, wenn eine befriedigende Symptomkontrolle durch entsprechende palliativmedizinische Komplexbehandlung erreicht werden konnte.

Entsprechend unterschiedlich sehen die Aufnahmeindikationen für eine Palliativstation und für ein stationäres Hospiz aus.

Palliativstation:

  • Aufnahmeindikation für eine stationäre Behandlung muss gegeben sein.
  • Vorliegen einer progredienten, nicht mehr heilbaren Erkrankung mit hoher Symptomlast, die außerhalb der qualifizierten Palliativeinheit nicht ausreichend beherrscht werden kann.
  • Verschlechterung einer bisher stabilen Krankheitssituation mit neu aufgetretenen belastenden Symptome zur Abklärung und suffizienten Behandlung.
  • Instabilität einer bisher stabilen psychosozialen Betreuungssituation in der Häuslichkeit zur passageren Entlastung pflegender Angehöriger sowie zur Anleitung pflegebereiter Angehöriger.

Gelegentlich besteht auch die klare Indikation einer Aufnahme zum Sterben auf die Palliativstation, insbesondere wenn sich aufgrund extrem belastender Symptome, wie Luftnot, eine palliative Sedierung erforderlich macht.

Auf Palliativstationen werden auch Patienten in präterminaler Krankheitssituation, bei denen eine komplexe Symptomatik vorliegt, die eine entsprechende komplexe therapeutische Intervention erforderlich macht, aufgenommen. Sinnvolle tumorspezifische Therapiemaßnahmen können in solchen Fällen auch auf Palliativstationen durchgeführt werden.

Grenzen komplexen palliativmedizinischen Handelns können auch Fehlhaltungen im Team sein. Dazu gehören Verwechslung von Palliativmedizin mit Hospizarbeit, missionarischer Eifer und Sendungsbewusstsein, Idealisierungs- und Romantisierungstendenz, Verwechslung von Empathie mit Sentimentalität, Helfersyndrom und Burn-out-Syndrom.

Grenzen palliativmedizinischer Behandlungsmöglichkeiten können darin liegen, dass sich nicht alle Symptome immer und schon gar nicht exzellent kontrollieren lassen, dass sich nicht in jedem Fall Rahmenbedingungen zur Erhaltung oder Verbesserung der Lebensqualität schaffen lassen, dass nicht jedes Sterben auf Palliativeinheiten friedlich und würdevoll ist und dass nicht alle Angehörigen verstorbener Patienten die Station getröstet verlassen.

Eine Grenze unseres Handelns kann sich auch durch die Einstellung des Patienten selbst ergeben. So begegnen wir in einem nicht geringen Prozentsatz Patienten, die von uns Heilung oder zumindest Lebensverlängerung erwarten. Beides können wir ihnen in ihrer fortgeschrittenen Krankheitssituation mit infauster Prognose nicht bieten.

Nicht selten kollidiert an dieser Stelle das idealisierte Wunschbild des „Palliativpatienten“ mit der klinischen  Realität. In der Öffentlichkeit, auch in der medizinischen Öffentlichkeit, auch in der palliativmedizinischen Öffentlichkeit geht man davon aus, dass es sich bei Patienten, die auf Palliativeinheiten behandelt werden, um Patienten mit einem sorgfältig abgeklärten Krankheitsbild in einer wirklich terminalen oder finalen Situation handelt, dass es sich um gut aufgeklärte Patienten mit gut aufgeklärter Familie und souveräner Krankheitsverarbeitung handelt, dass es sich um Patienten handelt, die „Apparatemedizin überdrüssig“ sind und denen es nur und ausschließlich um einer Verbesserung belastender Symptome geht, dass auf Palliativeinheiten Patienten behandelt werden, die gut symptomkontrolliert letzte Dinge autonom Regeln möchten und die lebenssatt sterben möchten und zwar selbstbestimmt und in Würde.  In der Realität erleben wir täglich nicht selten diagnostischen Klärungsbedarf, nicht selten begegnen uns unaufgeklärte Patienten und unaufgeklärte Familien, wobei dahinter häufig eine perfekt realisierte Verdrängung steht, wir haben es mit Patienten zu tun, die alle modernen medizinischen Maßnahmen in unangemessenster Weise einfordern und wir haben es mit Patienten zu tun, die Leben und keineswegs selbstbestimmt und in Würde sterben wollen, obwohl dies unausweichlich vor ihnen steht. Wir haben es also viel öfter mit einem Lebenswunsch trotz Todesnähe zu tun und nicht mit Sterbewünschen weil Todesnähe.

Wenn die palliativmedizinische Komplexbehandlung gelingt, was nicht immer der Fall ist, so bietet sie Schwerstkranken, Sterbenden und ihren Familien die Möglichkeit, die Sterbephase als Teil des Lebens wahrnehmen zu können, sie erlebbar zu machen durch suffiziente Symptomkontrolle, Sterbende als Lebende mit Möglichkeiten und Aufgaben zu sehen und eine realistische Alternative zu aktiver Sterbehilfe zu sein.

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